Der Himmel blaut; es plätschern die Kaskaden; Sie lullen die Platanen ein in Träume. Mit Dufthauch füllen wilde Mandelbäume Die säulenreichen, ragenden Arkaden. Sanft wehet Kühlung von den Uferpfaden, Wo leise lispelnd ziehn des Meeres Schäume, Und abends, wenn durch blutige Wolkensäume Die Sonne sinkt, dann tanzen die Mänaden. Das ist das Land, wo einst des Mäoniden, Des Pindar und der Sappho Lied erklungen, Und wo die Wiege stand von dem Peliden. Das ist das Land, wo den Olymp errungen Die hohe Kraft des herrlichen Alkiden Und wo voll Würde Sophokles gesungen. |
1881 Paläste, die den Fuß im Meere baden, Sie streben marmorn in die Himmelsräume; Mit Dufthauch füllen wilde Mandelbäume Die säulenreichen, ragenden Arcarden. Sanft wehet Kühlung von den Uferpfaden, Und Abends, wenn durch blut’ge Wolkensäume Die Sonne leuchtend sinkt in Meeresschäume, Dann tanzen wilde Tänze die Mänaden. Das ist das Land, wo einst die Mäoniden, Des Pindar und der Sappho Lied erklungen Und wo die Wiege stand von dem Peliden. Das ist das Land, wo den Olymp errungen Die hohe Kraft des herrlichen Aleiden Und wo voll Würde Sophokles gesungen. |
1841 - 1921
Je mehr du dich der kalten
Welt verschlossen,
Die stets dem Scheine huldigt,
nie dem Wahren,
Je tiefer du dich in en
eignen, klaren,
Ruhvollen Busen hast
hinabergossen:
Um desto schön’re Früchte,
stillentsprossen,
Wird dir dein ernstes Dasein
offenbaren,
Und fern der Thyrsusschwinger
wilden Schaaren,
Gesellen Götter sich dir als
Genossen:
Homer, der uns den Quell des
Ewig-Schönen
Erschloß, der Götter, Helden
und Najaden
Ließ wandeln unter schwächern
Erdensöhnen,
Er ging mit blindem Aug’ auf
dunklen Pfaden
Und sang in melodienreichen
Tönen,
Nach innen blickend, ew’ge
Iliaden.
1841 - 1921
Sei wie das Meer mit seinem
Wogengange,
Das, innern Trieb getreu, zu
keiner Stunde
Das Fremde duldet an dem
reinen Grunde!
Sei wie das Meer, bewegt von
keuschem Drange!
Es wälzet unter stürmischem
Gesange,
Mit starken Winden in
verwegnem Bunde,
Die Trümmer und die Leichen
durch die Sunde
Bis zu des Strandes schroffem
Felsenhange.
Sei wie das Meer und spül’ im
Selbstgenügen
Hinweg die todten Satzungen
des Lebens,
In die nur Schwächlinge sich
weichlich fügen!
Dann mühen deine Neider sich
vergebens,
Des Herzens Freudigkeit dir
wegzulügen:
Sei wahr! Und geh’ die Bahnen
großen Strebens!
1841 - 1921
Landeinwärts braust der Sturm
vom Meeressunde,
Kommt mit Titanenschritt daher
gezogen;
Es halten Zwiesprach an dem
Strand die Wogen
Mit dumpfem Echo auf des
Thurms Rotunde
Ich aber lehne in der bangen
Stunde
Gedankenvoll im hohen
Fensterbogen –
Scheu kommt die Möwe übers
Meer geflogen
Und bringt vom Bruderstrand
dem Strande Kunde.
Sie setzt sich flügellahm im
Sande nieder,
Und kauernd läßt den müden
Kopf sie gleiten
Ins feuchte, sturmverworrene
Gefieder.
Die Nebel wogen überm Meer,
dem weiten;
es hallt die Brandung wild im
Felsen wieder –
Mein Geist geht wandern in
entlegne Zeiten.
1841 - 1921
Gewitterhaft, mit
fürchterlichem Krachen,
In jähem Fall, mit mächt’gen
Donnertönen,
Daß wiederhallend die Gebirge dröhnen,
So braust zu Nacht die Fluth
aus Fensterrachen.
Waldbäume rings, die starken,
wie die schwachen,
Entwurzelt sie und stürzt mit
lautem Stöhnen,
Als gält’s, Geschöpf und
Schöpfer zu verhöhnen,
Ins tiefe Thal, daß Mensch und
Thier erwachen.
Und steigt der junge Tag vom
Berg hernieder,
Dann schwimmen auf den Wassern
stille Leichen;
Die Wogen flüstern leise
Todtenlieder.
- Darfst du aufs Morgen bau’n
in ird’schen Reichen?
Schicksal hat lastende
Cyclopenglieder,
Und doch ist es beschwingt.
Wer kann entweichen?
1841 - 1921
Du fühltest im gewalt’gen
Busen schlagen
Der ganzen Mitwelt Puls zu
allen Zeiten;
Drum mußtest du auch ihr
verworrnes Streiten
Gigantenhaft in deinem Herzen
tragen.
Doch durch des Lebens Meer, wo
Felsen ragen,
Wo wär’ ein Compaß, solch’ ein
Herz zu leiten?
Die Menschheit tragend in der
Brust, der weiten,
Starbst du an ihren ungelösten
Fragen.
- Wohl manchen Jünger, groß durch
schöne Thaten,
Hat Deutschlands ernste Muse
zu beweinen,
Den sanften Hölderlin, den
großen Platen,
Doch mögen thränenwürdig Alle
scheinen,
Die, gotterfüllt, der Trübsal
Pfad betraten:
Wie dich beweinenswerth find’
ich nicht Einen.
1841 - 1921
Wenn du ermüdet bist in deinem
Streben,
Wenn deines Geistes Pläne jäh
zerfallen,
Wenn graunerregende Gespenster
wallen
Durch dein zerklüftetes,
verwaistes Leben,
Wenn über Gräber Klagelieder
schweben
Aus deiner Hoffnung
eingesunknen Hallen,
Und wenn von deinen guten
Engeln allen
Errettend keiner dir die Hand
will geben:
Dann sollst du aus dem
Weltgetümmel gehen
Und deinem Kinde in das reine,
helle,
Noch ungetrübte, liebe Auge
sehen:
Hab’ Acht! wie einen Wanderer
die Welle
Des Baches labt, so wird dein
Leid verwehen,
Wenn du dir Trost geschöpft
aus dieser Quelle.
1841 - 1921
Aus Wolkenschleiern tropft der
Maienregen,
Den uns vom Süden her die
warmen, sachten,
Noch unverhofften
Frühlingswinde brachten –
In jedem seiner Tropfen Frucht
und Segen.
Sein Kuß erweckt, die lang
erstarrt gelegen,
So Baum wie Busch – undmit
verschämtem Schmachten
Schaun ihm die Blumen, die vom
Schlaf erwachten,
Aus frommen Kinderaugen hell
entgegen.
Da bricht die Sonn’, umhaucht
von linden Düften,
Aus Wolken, die sich noch am
Himmel dehnen,
Und doch – o Wunder! – tropft
es aus den Lüften.
- So weint wohl, wenn nach
lang’ gehegtem Sehnen
Ein Glück ersteht aus todter
Hoffnung Grüften,
Ein strahlend Menschenauge
Freudenthränen.
1841 - 1921
Frisch auf! – und die Minute
schnell ergriffen!
Willst du des Daseins vollen
Preis gewinnen,
So mußt du, weil die Wogen
bald zerrinnen,
Beherzt im schwanken Kahne
vorwärts schiffen.
Wenn wild so mancher Sturm um
dich gepfiffen,
Wenn dir Erfahrung fluthete
nach innen,
Dann stehst du lächelnd auf
des Lebens Zinnen,
Ob auch Charybden heulen in
den Riffen.
Frisch auf! Der nur darf sich
zu Männern zählen,
Der nie im Kampfe nach
Gefahren fragte,
Der schnell ergreift, wenn
Feige ängstlich wählen,
Und der, wenn hoch die
Sturmeswoge ragte,
Indem die Schwachen mit dem
Schicksal schmälen,
Das Leben für des Lebens
Inhalt wagte
1841 – 1921 (Bei
der Nachricht von ihrem Tode.)
I.
Entsetzt vernimmt der starre
Wald die Kunde,
Daß seine Königseiche sei
erschlagen
Von jähem Blitz – da geht ein
dumpfes Klagen
Durch Zweig’ und Aeste in der
weiten Runde.
So wird von Freundesmund zu
Freundesmunde
Die Schmerzensbotschaft heute
fortgetragen,
Daß – ach! die Lippe will das
Wort kaum wagen –
Dein Auge brach in bittrer
Todesstunde.
Ein Weib, dem Göttr all’ ihr
Höchstes gaben,
Das durch des Marktes Lärm mit
ernsten Mienen
Dahinschritt über Niederes
erhaben –
Was warst du denen, die dem
Markte dienen?
Mir aber, Theure, ward mit dir
begraben
Ein Freundesherz, wie kein’s
mir sonst erschienen.
II.
Der Schwester Freundin,
wurdest du dem Knaben
Zur Freundin auch in seiner Heimath
Norden,
Dem Jüngling aber bist du mehr
geworden,
Die Weckerin von seinen besten
Gaben.
Wieließest du, mein junges
Herz zu laben,
In Morgengängen an der Warnow
Borden
Mich freundlich ahnen hoher
Schönheit Orden,
Zu dem nur starke Seelen
Eingang haben!
Du lehrtest mich, was auch die
Jahre brachten,
Erhabnes heiß und Schönes
maßvoll lieben;
Du lehrtest Kleinliches mich
stolz verachten.
So lernt’ ich bald mit meines
Herzens Trieben
Als meines Liedes Muse dich
betrachten,
Und Muse bist du meinem Lied geblieben.
III.
Wenn je im Sange mir ein Wurf
gwelungen
Und wenn in jene Höhn, die
sonnenhellen,
Wo Schönheit sich der Wahrheit
darf gesellen,
Sich meine Rhythmen zaghaft je
geschwungen,
So dank’ ich’s dir; denn was
ich auch gesungen,
Wie meiner Dichtung Bäche
mögen quellen,
Du bist von ihren vielbewegten
Wellen
Der ferne Quell, dem einstmals
sie entsprungen.
Und ob im Mißklang wir zuletzt
geschieden,
Ich blieb dir in Bewund’rung
warm ergeben –
Nur weil ich mußte, hab’ ich
dich gemieden.
Und heut, da Blumen leis’ im
Wind erbeben,
Constanze, über deines Grabes
Frieden,
Zeigt dies sonett mich dankbar
dir fürs Leben.